Wir schreiben das Jahr 2004 und die New Yorker Anwältin Kate Walker ist wieder da! Allerdings nicht in Freiheit, sondern immer noch in einem Salzstollen in der Sibirischen Taiga, wo sie gezwungen wird zu arbeiten. Obwohl sie immer wieder versucht zu fliehen, gelingt es ihr zusammen mit ihrer Freundin Katjuscha mehr durch Zufall dem Stollen und ihren Schindern zu entkommen. So gelangt sie in das kleine Städtchen Vaghen, wo sei ein altes Gemälde entdeckt, welches eine junge Frau mit dem Namen Dana Roze zeigt, welche ihr wie ein Zwilling gleicht. Kate wird neugierig und macht sich auf die Suche nach der Vergangenheit der jungen Frau. Schnell findet sie heraus, dass Dana Ende der 1930er Jahre in den kleinen Städtchen Vaghen lebte, wo sich Kate gerade befindet. Dana war eine begabte Pianisten und hatte eine glänzende Zukunft vor sich, wenn zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht die „braune Schatten“ zum Leben erwacht wären.
21 Jahre ist es her, dass das erste Point-and-Click-Adventure, der Reihe „Syberia“ in den Handel kam. Nun hat „Microids“ schon mit „Syberia: The World Before“ das vierte Spiel herausgebracht, diesmal für den PC, die PlayStation 5/4 und die Xbox Series x/s. Man bekommt hier ein klassisches Point-and-Click-Adventure geboten, ein Genre, welches heutzutage leider nur noch selten angeboten wird. Leider wird das aktuelle Spiel auch das Letzte der Reihe sein, denn der Entwickler, Benoît Sokal, ist leider vor zwei Jahren verstorben. Die Entwickler nahmen sich seines letzten Werkes an und machen das Spiel fertig, so dass wir uns nun an „Syberia: The World Before“ erfreuen können. Im Übrigen, wer die ersten Spiele der Reihe kennt, kann der Geschichte besser folgen als Neueinsteiger. Wir raten daher, dass man mit dem ersten Spiel beginnt und sich dann zu „Syberia: The World Before“ „vorarbeitet“.
Das Spiel bietet dem Spieler die Ruhe von einem Ort zum Nächsten zu reisen, ohne dabei die Spannung zu verlieren. Aber das ist noch lange nicht alles, denn diesmal reist die Spieler nicht nur um die halbe Welt, sondern auch in der Zeit. Dabei sind die Zeitebenen zuerst getrennt, schaffen es aber mit der Zeit immer mehr miteinander zu verschmelzen. Dabei werden reale geschichtliche Ereignisse mit fiktiven Charakteren und hypothetischen Orten verbunden, so dass eine komplett neue Geschichte entstanden ist. So gibt es keine Nazis, sondern die „braunen Schatten“, es werden auch keine Juden verfolgt, sondern Veganer. Oh ja, wir hören nun die ganzen Veganer wegen Diskriminierung aufschreien … Leute, werdet erwachsen. ^^ Dazu kommt, dass man später nicht nur die Kontrolle über Kate, sondern auch über Dana übernimmt, es gibt sogar Situationen, wo man beide Charaktere parallel steuert und mit Knopfdruck zwischen ihnen wechseln kann.
Auch die von den Spielern geliebten Rätsel sind selbstverständlich vorhanden. Diese sind nicht wirklich schwer, aber sehr gut in Szene gesetzt und sie machen Spaß. So muss man beispielsweise Kombinationen finden, um ein Schloss zu öffnen, Puzzle lösen und Hebel bewegen. Wenn sich die Zeitebenen mehr vermischen, kann man unter anderem in der Vergangenheit bei Dana einen Code finden, den Kate in der Gegenwart eingeben muss. Auch kleine Quick-Time-Events sind vorhanden, so dass immer Abwechslung vorhanden ist. Die Steuerung hat uns gut gefallen, wenn man in der Nähe von einem Hotspot ist, wird dieser auch angezeigt. So muss man zwar etwas suchen, aber den Mauszeiger nicht endlos über den Bildschirm schwirren lassen – gut gelöst! Klar, es kommt vor, dass man den anvisierten Punkt nicht gleich trifft, aber damit konnten wir prima leben. Dazu kommt eine tolle Grafik, die über Charme und das gewisse Etwas verfügt. Denn die Spieler bekommen hier so viele Kleinigkeiten zu sehen, so dass man manchmal lange an einen Ort verweilt, um sich etwas genauer anzusehen. Erinnert ihr euch noch an Hans Voralberg aus dem zweiten Spiel? Seine Automaten sind auch in diesem Spiel zu finden, sie stehen wieder bei den Rätseln im Mittelpunkt und sind immer einen Blick wert.
Ansonsten bekommt man mit „Syberia: The World Before“ unter anderem eine atmosphärisch dichte Geschichte und eine gelungene Grafik geboten. Wenn man über eine Holzbückte in der Taiga geht, kann man einen wunderschönen Wasserfall sehen, dessen Wasser unter der Brücke hindurchrauscht. Es ist einfach eine tolle Kulisse vorhanden, es sind unter anderem etliche kulturelle Merkmale zu entdecken. Auch die Geschichte um Dana Roze und ihrem Freund Leon Kobatis passt, allerdings weist die Geschichte um Kate kleine Lücken auf. Im Ganzen gesehen können wir hier dennoch einen Kaufempfehlung aussprechen, welche nicht nur für Fans der Reihe, sondern auch für Neulinge und Fans des Genres gilt.
(sk)